Eine Woche lang tauchte Viktor Bert vom Gymnasium Gernsheim an der TU Darmstadt und bei Merck in die faszinierende Welt der Materialien von morgen ein – für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Zukunft.

Bensheim/Darmstadt • Kreativ, spannend und allgemeinverständlich aufbereitet: So stellten die Ausnahmetalente die Früchte ihrer Forschung zu Hochleistungsmaterialien der Energiewende am 5. Juli im Conference Center bei Merck Gästen aus Schule, Wirtschaft und Wissenschaft vor. „Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns alle umtreibt“, sagte Prof. Dr. Heribert Warzecha, Vizepräsident an der TU Darmstadt, zu den Teilnehmenden des MINT-Erfinderlabors des ZFC. Die Oberstufenschülerinnen und -schüler seien die Zukunft der Gesellschaft und in der Lage, Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu finden. Die jungen Frauen und Männer hatten sich aufgrund ihrer hervorragenden schulischen Leistungen in einem strengen Auswahlverfahren gegen 126 Mitbewerberinnen und 111 Mitbewerber mit Spitzenzeugnissen durchgesetzt. Alle befinden sich in der Berufsorientierungsphase und haben ein ausgeprägtes Faible für die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Wie werden Magnete zu Klimarettern? Können wir irgendwann mit einer einzigen, vollen Batterie von Darmstadt nach Florenz in den Urlaub fahren? Verpackt in derart anschauliche Fragestellungen präsentierten die jungen Frauen und Männer die Ergebnisse ihrer Laborexperimente. Eine Woche lang hatten sie in Vierergruppen an hochaktuellen Forschungsthemen in den Materialwissenschaften getüftelt, mit denen man in der Regel erst in fortgeschrittenen Semestern zu tun hat. Es ging um die Chemie der Korrosion für Klimaschutz, eine neue Generation von Solarzellen, Batterien mit höherer Energiedichte und energieeffiziente Softroboter, die sich durch Magnetfelder steuern lassen – „wie Magie, nur cooler“, wie ein Teilnehmer befand. Die Betreuung übernahmen erfahrene wissenschaftliche Mitarbeitende der TU Darmstadt.

Organisiert wurde das 36. Erfinderlabor vom Zentrum für Chemie (ZFC) in Kooperation mit dem Institut für Materialwissenschaft der TU Darmstadt, der Firma Merck, der LandesEnergieAgentur Hessen, dem VCI Hessen, Spektrum der Wissenschaft und dem Hessischen Ministerium für Bildung, Kultus und Chancen. „Um die Klimakrise zu bewältigen, braucht es gut ausgebildete Köpfe. Der Grundstock für die MINT-Fachkräftesicherung muss bereits in der Schule gelegt werden, indem hochaktuelle Fragestellungen in den Regelunterricht integriert werden“, erklärte Dr. Thomas Schneidermeier, Vorstand des ZFC, die Mission des Vereins. Dem ZFC ginge es außerdem darum, Berufsoptionen im MINT-Bereich aufzuzeigen und junge Menschen mit einer MINT-Bewertungskompetenz auszustatten, um in unterschiedlichen Medien kursierende Schlagzeilen einordnen zu können: Was ist Fake und was ist wahr? „Eine Beurteilung ist oft nicht ganz einfach“, so Schneidermeier, „mit MINT-Wissen ist es aber möglich.“

„Das Erfinderlabor war für mich eine tolle Erfahrung”, resümierte der Schüler Viktor Bert aus Gernsheim. „Es wurden nicht nur theoretische Inhalte vermittelt, sondern sie wurden auch praktisch im Labor umgesetzt. Das Bedienen der sehr teuren, wissenschaftlichen Geräte war ein absolutes Highlight, genau wie die Gestaltung eines Vortrags mit eigenen Messwerten und Mikroskopaufnahmen. Die Atmosphäre unter den Teilnehmern war extrem locker und entspannt, und ich habe einige neue Freundschaften geknüpft. Das Erfinderlabor hat mich in der Entscheidung bestärkt, im MINT-Bereich studieren und dort später zu arbeiten.”

„Ihr sind diejenigen, die Lösungen für Herausforderungen wie die Klimakrise entwickeln können“, sagte Prof. Dr. Heribert Warzecha, Vizepräsident der TU Darmstadt, zu den Schülerinnen und Schülern. Darmstadt sei dafür der perfekte Ausgangspunkt. „Wir sind nicht ohne Grund Wissenschaftsstadt. Hier arbeiten Hochschule, Industrie und Forschungsinstitute eng zusammen.“ An der TU ginge es in Studiengängen wie „Energy and Environment“, „Matter and Materials“ und „Information and Intelligence“ nicht nur um „trockenen“ Wissenserwerb in Vorlesungen. Es würde vor allem experimentiert und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht. „Wir machen forschendes Lernen“, so Warzecha. „Ich würde mich freuen, euch demnächst an der TU begrüßen zu dürfen.“

Auch Dr. Thomas Eberle von Merck betonte, dass „die Klimakrise die Gesellschaft vor große Aufgaben stellt.“ Er freue sich darüber, dass sich 16 junge Erwachsene für eine Woche auf die Spuren einer nachhaltigeren Zukunft begeben hätten. „Nachhaltigkeit ist auch bei Merck ein großes Thema“, so Eberle, der bei dem Wissenschafts- und Technologie-Unternehmen für die MINT-Förderung zuständig ist. Es ginge nicht nur um eine nachhaltige Herstellung, erklärte er, sondern auch darum, Nachhaltigkeit in Produkte zu überführen. Ein Beispiel seien schaltbare Gläser, die Jalousien ablösen könnten: Auf Knopfdruck wechseln diese von transparent zu semitransparent – das Licht kommt weiterhin durch, aber die Hitze wird abgefangen. „Für die Entwicklung solcher Produkte brauchen wir euch“, so Eberle zu den Schülerinnen und Schülern.

Wertvolles Feedback fürs künftige Berufsleben
Im Anschluss an ihre Präsentationen erhielten alle Schülerinnen und Schüler ein Feedback. Was ist besonders gut gelungen? Ist noch irgendwo Luft nach oben? Prof. Dr. Lambert Alff, Experte für Dünne Schichten an der TU Darmstadt, sagte: „Ihr habt vor Begeisterung gesprüht. Das überträgt sich aufs Publikum, so nimmt man seine Zuhörenden mit.“ Gregor Disson, Geschäftsführer beim Verband der Chemischen Industrie Hessen (VCI Hessen), lobte den spannenden Einstieg ins Thema, den die Vortragenden zum Schluss der Präsentation inhaltlich wieder aufgegriffen hätten. „Das war eine runde Sache.“ Auch Tanja Scharnhoop von der LandesEnergieAgentur Hessen (LEA) zeigte sich beeindruckt. „Toll visualisiert und gut verständlich“, resümierte sie. Besonders gut habe ihr gefallen, dass die Vortragenden den Bezug zum Alltag der Zuhörenden hergestellt hätten. Und Dr. Thomas Eberle von Merck betonte: „Ihr habe euer Thema absolut selbstsicher vorgetragen. Ich bin begeistert!“


Einblicke in MINT-Berufe und das Studium Materialwissenschaft
Dr.-Ing. Anne Kikker von der TU Darmstadt stellte das Studium Materialwissenschaft vor – besonders interessant für die Schülerinnen und Schülern, die als Gäste an der Abschlussveranstaltung teilnahmen und noch überlegen, wie es nach dem Abitur weitergeht. „Das Fach ist eine Art Chamäleon. Im Studium bewegt man sich zwischen den verschiedenen MINT- Disziplinen“, so Kikker, „deshalb nennen wir den Studiengang gern, Best of MINT’“. Außerdem gäbe es an der TU die einzigartige Möglichkeit eines Junior-Studiums: Schülerinnen und Schüler können bereits vor ihrem Abitur an Vorlesungen und Laborpraktika teilnehmen und Leistungspunkte erwerben. Der Studien- und Berufsorientierung dienten außerdem Interviews mit Dr. Holger Heil aus der Halbleiterforschung bei der Firma Merck und Iona Petria, der im vierten Semester Materialwissenschaft studiert.


Erklärvideos, Shorts und Reels erleichtern das Lernen
Hochaktuell und spannend waren nicht nur die Vorträge der Schülerinnen und Schüler. Auch im vorgestellten ZFC-Format „Frag die Minties“ geht es äußerst innovativ zu: In kreativen Clips auf diversen Social Media-Kanälen präsentieren ehemalige Erfinderlabor-Teilnehmende, die nun im MINT-Bereich studieren und von denen zwei – Joelina Gärten und Benjamin Kunkel – die Abschlussveranstaltung außerdem eloquent moderierten, Aktuelles rund um Zukunftstechnologien und die Energiewende, etwa zu bioabbaubaren Kunststoffen oder Grünem Stahl. Die Clips ergänzen vom ZFC entwickelte Unterrichtssequenzen – stets mit Blick auf aktuelle und künftige gesellschaftliche Herausforderungen. Kunkel stellte außerdem die von ihm geleitete „do-MINT!“ AG vor, in der Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse praktische Anwendungen von Unterrichtsinhalten am Goethe-Gymnasium in Bensheim selbständig erarbeiten. „Wir haben zum Beispiel ein Windrad gebaut“, sagte Kunkel und betonte: „Das Format kann von anderen Schulen übernommen werden.“

Kategorien: Schulleben

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